Spiritualität:

 

Es bezeichnet im christlichen Verständnis umfassend ein „Leben aus dem Geist“, (Karl Rahner) womit sowohl die innerste Gottbeziehung, eine bewusste subjektive Haltung gegenüber dem im Menschen gegenwärtigen Hl. Geist als auch die den Mitmenschen zugewandte Glaubenspraxis gemeint sind.

Im deutschen christlichen Bereich verdrängt das Wort Spiritualität zunehmend den älteren Begriff „Frömmigkeit“ mit dem eher eine engere persönliche Lebensgestaltung aus dem Glauben bezeichnet wird, während die Spiritualität von einer Vielgestaltigkeit des Geistwirkens ausgeht. Spiritualität im strikten und tiefsten Sinne des Wortes ist die Herrschaft des Geistes.

„Wenn die Wahrheit uns frei macht“ (Joh 8,32) da wird uns der Geist, der „uns den Weg der ganzen Wahrheit führte (Joh 16,13), auch zur vollen Freiheit bringen.

Unter Freiheit verstehen wir hier die Möglichkeit, uns als Menschen und Kinder Gottes zu verwirklichen, und die Chance zu lieben und in der Gemeinschaft und den anderen Menschen einzutreten.

Spiritualität ist eine konkrete, Kraft des Geistes ermöglichte Form, das Evangelium zu leben, bzw. eine genau definierte Art, vor „dem Herrn“ in Solidarität mit allen Menschen und dem „dem Herrn“ vor den Menschen zu leben. Sie entsteht aus einer intensiven geistigen Erfahrung, die unmittelbar thematisiert und im Leben bezeugt wird.

 

Die karmelitanische Art nach dem Evangelium zu leben, hat eine mehr als 800-jährige Geschichte. Die Wurzeln reichen bis ins frühe 13. Jahrhundert zurück. Damals entstand im Karmelgebirge, im Heiligen Land, der Stammorden aller heutigen karmelitanischen Gemeinschaften und mit ihm eine Spiritualität, die sich nach und nach vertiefen und entfalten sollte.

 

Ihren Ursprung verdankt diese Spiritualität ein paar Kreuzfahrern und Palästinapilgern, die sich um das Jahr 1200 im Karmelgebirge niederließen und zu einer Eremitenkommunität zusammenschlossen – jungen Männern, die es mitten in der lauten, waffenklirrenden Kirche ihrer Zeit in die Stille zog. Sie tauschten Pilgerkleid und Kreuzfahrerrüstung gegen die „Waffenrüstung Gottes“ (Eph 6,11) ein und wollten fortan das Evangelium zur Richtschnur ihres Lebens machen.

 

Elija

 

In Elija, der nach biblischer Überlieferung zweitausend Jahre vor ihnen an denselben Ort gekommen war, fanden sie zudem ein Leitbild vor, an dem sich ihre neue Lebensform orientieren konnte. „Der Herr der Heerscharen lebt, Israels Gott, und ich stehe vor seinem Angesicht“ (1 Kön 17,1), hatte Elija gesagt. Wie er wollten auch sie „vor dem Angesicht Gottes stehen“, mit Gott als einer lebendigen Wirklichkeit, als einem personalen Gegenüber leben. Als sie sich von ihrem Bischof in Jerusalem eine Ordensregel erbaten, ging es ihnen nicht zuerst um die Festschreibung besonderer Zeiten für das „geistliche Leben“. Sie wünschten sich vor allem eine Beschreibung ihrer Spiritualität, aus der sie den gesamten Lebensalltag geistlich leben wollten: Ob während der „geistlichen Übungen“ oder während der täglichen Arbeiten – es gilt, so wussten sie, sich die Gegenwart Gottes zu vergegenwärtigen und mit dem auferstandenen, lebendigen Christus durch den Tag zu gehen, aktiv zu sein in der Kontemplation und kontemplativ in den Aktionen.

 

Maria

 

Eine Marienkirche aus dem 5. Jahrhundert, deren Grundmauern die Eremiten auf dem Karmel vorfanden, war der äußere Anlass, sich ausdrücklich auch an Maria zu orientieren. An ihr konnten sie ablesen, wie man sich ganz der Wirklichkeit Gottes öffnen und in immerwährender Verbundenheit mit ihm leben kann. Sie sahen in Maria ihre „Patrona“, die Erste in ihren Reihen; sie nannten sie „Schwester“, sich selbst schon bald „Brüder unserer Lieben Frau vom Berge Karmel“. Wie Maria und mit Maria in Gott das DU finden – das ist bis heute der Grundzug karmelitanischer Spiritualtät.

 

Entwicklung der Klöster

 

Als im Laufe des 13. Jahrhunderts die politischen Umstände den neuen Orden zwangen, Palästina zu verlassen, fanden die Karmeliten, wie man die Mönche nun nach ihrem Ursprungsort nannte, schnell Verbreitung in den westlichen Ländern der christlichen Welt. Ähnlich wie die Franziskaner und die Dominikaner, wurden sie auch als Seelsorger tätig. „Beten und Beten lehren“ wurde das Leitmotiv ihres Lebens und Wirkens. Im Umfeld ihrer Klöster gab es bald Gläubige, die sich von ihrem Geist inspirieren ließen; hier liegen die Wurzeln der Laiengemeinschaft, die heute zum Orden des Teresianischen Karmel gehört. Im 15. Jahrhundert begannen die ersten Frauengemeinschaften nach der Karmelregel zu leben. Karmelitinnenklöster entstanden.

 

Im 16. Jahrhundert, dem Jahrhundert der Reformation, gründete in Spanien die Karmelitin Teresa von Ávila, unterstützt durch den Karmelitenpater Johannes vom Kreuz, einen neuen Ordenszweig, den „Unbeschuhten Karmel“. Beide Ordensgemeinschaften, der Stammorden der Karmeliten und der Reformorden der Teresianischen Karmeliten – so ihre heutigen Namen – , sind seither durch diese beiden spanischen Mystiker und Kirchenlehrer spirituell geprägt